
Oft sind wir aus einem bestimmten Grund mit unseren Tieren zusammen. Wir besuchen unser Pferd, weil wir eine Erwartung in uns tragen (auch wenn sie uns manchmal nicht bewusst ist). Wir wollen uns von unserem stressigen Alltag ablenken, „runterkommen“, uns wieder erden, etwas von ihrer Energie aufnehmen, uns körperlich betätigen (reiten, spazieren gehen) oder einfach nur Abstand zum Job gewinnen.
Wir gehen mit unserem Hund spazieren, weil wir „den Kopf auslüften“ wollen, es gesund ist, wir Kontakt zu anderen Menschen suchen oder wir einen Ausgleich zur Arbeit/zum Familienalltag brauchen.
Manchmal passiert es, dass uns genau das gelingt. Unsere Stimmung bessert sich, es tritt Entspannung ein, das Gedankenkreisen steht für einen Moment still und nach ein wenig Bewegung fühlen wir uns sowieso wohler.
Was bleibt aber aus?
Sind wir mit einem „um zu“ Gedanken bei und mit unseren Tieren (um uns zu bewegen, um schnell abzuschalten, um Gesellschaft zu haben etc.), sind wir eines nicht:
In wahrhaftigem Kontakt und Verbindung.
Wann warst du das letzte Mal mit leerem Geist bei und mit deinem Tier? Hast hingespürt, wahrgenommen und auf das reagiert, was genau in diesem Moment einer natürlichen Logik unterliegt? Hast gefragt und die Antwort wirklich gehört? Hast auf Fragen geantwortet und zugehört? Hast schon beim Ankommen im Stall genau wahrgenommen, wie es deinem Pferd geht, was es gerade braucht? Hast beim Spaziergang mit deinem Hund darauf geachtet, was ihn interessiert und weshalb? Hast nicht ungeduldig an der Leine gezogen, damit es schneller geht oder weil ihr doch immer dort entlang geht?
Wie wäre es, wenn wir beginnen, unseren Tieren auf Augenhöhe zu begegnen, ihnen zuzuhören und ganz bei ihnen zu sein, wenn wir mit ihnen zusammen sind?
Beim Putzen des Pferd oder Kämmen des Hundes nicht das Ergebnis in den Vordergrund zu stellen („schnell sauber machen, damit…“), sondern einmal genau hin zu fühlen, was das Pferd/der Hund mag. Wo ist es angenehm, wo nicht? Mit welcher Intensität und mit welchem Hilfsmittel? Will mein Tier heute überhaupt gebürstet und geputzt werden?
Stell dir einmal folgende Situation vor, du bist gerade beim Essen (Pferd frisst Heu/Gras) oder beim Schlafen/Dösen (Hund/Pferd ruht auf seinem Platz/in der Herde). Plötzlich kommt dein/e Partner/in, nimmt dich am Arm und zieht dich zu einem bestimmten Platz. Vielleicht schnalzt er/sie noch mit der Zunge, pfeift oder sagt etwas zu dir, damit du folgst. Er/sie achtet nicht darauf, was du gerade zuvor getan hast und beginnt sofort gedankenverloren dich anzubinden, in seiner/ihrer Tasche zu kramen und dir deine Haare zu kämmen. Hast du in letzter Zeit (außer beim Friseur) einmal jemand anderes deine Haare kämmen lassen? Magst du es? Wie magst du es? Es ist ganz ähnlich wie bei uns Menschen und wir dürfen uns daher immer fragen, wie wir uns wohl fühlen würden und was wir in einer Situation vielleicht bräuchten. Tiere sind keine Menschen, doch sie haben durchaus eben solche Bedürfnisse, Gefühle, Stimmungen und ein Recht auf eigene Entscheidungen. Ganz besonders dann, wenn es um sie selbst und ihren Körper geht.
Ein Pferd muss nicht jeden Tag geritten oder überhaupt „bewegt“ werden wollen. Es verzichtet lieber auf den Menschen, wenn dieser nur abgehetzt in den Stall kommt, weil er denkt, das Pferd bräuchte jetzt noch schnell etwas Training. Es ist kein in-Verbindung-sein sondern ein Durchsetzen der eigenen Annahmen und Vorstellungen („das Pferd muss jeden Tag bewegt/geputzt werden“/ „der Hund muss jeden Tag 2 Std am Fahrrad laufen, sonst ist er nicht ausgelastet“ etc.).
Wir dürfen inne halten. Wir dürfen atmen und uns fragen, was wir gerade brauchen, damit es uns gut geht und wir unseren Geist klar halten können. Erst wenn wir soweit sind, gehen wir zu unserem Tier, begegnen ihm neugierig und schauen, was wir heute gemeinsam erleben können. Und wenn es „nur“ ein stilles Beisammensein auf der Weide oder ein auf der Bank sitzen mit dem Hund ist. Nichts müssen, nichts wollen. Nur beobachten und bewundern, was aus dieser Stille Neues entsteht.